Herr Bosbach, Sie geben persönliche und politische Gründe dafür an, dass Sie im September nicht wieder für den Bundestag kandidieren werden. Welche überwiegen denn?
Ohne die politischen Gründe vernachlässigen zu wollen, sind es sicherlich in erster Linie private, sehr persönliche Gründe, die mich dazu bewogen haben, nicht erneut für den Deutschen Bundestag zu kandidieren.
In Interviews sprechen Sie von einer Entfremdung mit Ihrer Partei. Wann hat diese denn eingesetzt?
Als ich 1972 Mitglied der CDU geworden bin, konnte ich mir noch nicht vorstellen, dass ich mich eines Tages dafür rechtfertigen müsste, dass ich auch bei wichtigen politischen Fragen und Entscheidungen bei dem bleibe, was meine eigene Partei über viele Jahre und Jahrzehnte vertreten hat.
Haben Sie eigentlich schon mal darüber nachgedacht, aus der CDU auszutreten?
Nein.
Wie weit kann man sich denn entfremden, dass man dennoch zusammenbleibt?
Wenn ich auch nur andeutungsweise das Gefühl hätte für die Partei ein Problemfall oder gar an der Parteibasis isoliert zu sein, dann hätte ich wirklich Anlass über meine politische Überzeugung verschärft nachzudenken. Dieses Gefühl hatte ich allerdings noch nie. Ich bekomme sehr, sehr viele Einladungen von Stadt- und Kreisverbänden und die Veranstaltungen sind allesamt gut besucht und der Zuspruch ist hoch.
Wie frustriert sind Sie eigentlich über den aktuellen Kurs Ihrer Partei?
Frustration ist keine Haltung, die für mich typisch ist.
Würden Sie eigentlich jetzt auch aus dem Bundestag aussteigen, wenn Sie keine gesundheitlichen Probleme hätten?
Die Frage hat sich nicht gestellt. Vermutlich ja.
Es ist also nicht so, dass Sie keine Lust mehr haben, als Quertreiber in der CDU/CSU Bundestagsfraktion dazustehen?
Die Formulierung „Quertreiber“ ist wirklich interessant. Offensichtlich ist man in der CDU anno 2017 schon dann Quertreiber, wenn man politisch zu dem steht, was von der gesamten Partei früher aus Überzeugung vertreten wurde. Ich vertrete ausschließlich politische Positionen, die auch Positionen der CDU sind – oder früher einmal waren.
Sie sind ja mit Angela Merkel und auch Pofalla öffentlich aneinander geraten. Stehen Sie sich manchmal selbst im Weg?
Wie bitte? Wann und wo bin ich denn mit Angela Merkel „öffentlich aneinander geraten“? Und wieso bin ich mit Ronald Pofalla aneinander geraten? Er mit mir, aber nicht ich mit ihm. Das ist ein großer Unterschied.
In den Augen der Anderen
„Am meisten werde ich an Wolfgang Bosbach vermissen, dass mit ihm ein Seismograf der deutschen Politik den Deutschen Bundestag verlässt. Bosbach ist einer der wenigen Spitzenpolitiker, denen Bodenhaftung nicht nur immens wichtig war, sondern der diese auch wie kaum ein Zweiter lebte. Er hatte immer den kurzen Draht vom Bürger in den Bundestag.“
Burkhard Lischka MdB
Innenpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion