Prof. Dr. Heinz Riesenhuber (MdB)


Herr Riesenhuber, Sie werden angesichts Ihrer 40jährigen Parlamentszugehörigkeit immer mal wieder als „Bundestagsdino“ bezeichnet. Trifft sie sowas?

Nein, überhaupt nicht, das sehe ich mit großer Entspanntheit. Vielleicht trabe ich mit der Erhabenheit eines Dinosauriers durch die Zeitgeschichte. Ich fand das nie unfreundlich, es hat mir eher gefallen.

Es heißt, dass Sie wichtige Entscheidungen immer auch in einem Benediktinerkloster treffen. Bei der Berufung ins Kabinett klang das eben anders.

Da musste ich kurzfristig entscheiden. Aber seit Jahrzehnten, um genau zu sein: seitdem ich in den Bundestag gewählt wurde, gehe ich in der ersten Woche des Jahres in ein Benediktinerkloster. Immer vom ersten bis zum siebten Januar. Da hat meine Frau Geburtstag, und dann komme ich wieder nach Hause. Und wenn ein Problem anstand, bin ich gelegentlich auch mal zwischendurch in das Kloster gegangen und habe überlegt, wie ich es vernünftig angehe.

Was schätzen Sie am Kloster?

Im Kloster ist wirklich alles andere weit weg. Und die Mönche sind eine stabile Gemeinschaft von größter Diskretion. Als ich vor Jahren einmal von einem Spaziergang zurückkehrte, kam mir der Bruder Pförtner entgegen und sagte, „Herr Riesenhuber, ich muss Ihnen sagen, der Kohl ist hier und will mit Ihnen sprechen. Aber wir haben ihm nicht gesagt, dass Sie da sind. Wollen Sie mit ihm reden?“ Natürlich wollte ich ihn sprechen. Aber so haben die Mönche meinen Aufenthalt dort immer sehr behutsam und diskret behandelt.

Ihr Ausscheiden aus dem Kabinett war damals dem Proporz geschuldet.

Ja, das war damals eine sehr ärgerliche Angelegenheit gewesen. Helmut Kohl hatte den Baden Württembergern versprochen, dass sie immer jemanden im Kabinett haben werden. 1992 wurde dann Wolfgang Schäuble Fraktionsvorsitzender, und der Landesverband hatte keinen Vertreter mehr im Kabinett. Die Hessen dagegen stellten Anfang der 90er Jahre vier Minister: Christian Schwarz-Schilling, Hannelore Rönsch, Fritz Bohl und Heinz Riesenhuber. Helmut Kohl hat noch versucht, eine andere Lösung zu finden. Aber die Baden-Württemberger wollten unbedingt ihren Ministerposten und haben ihn letztlich auch bekommen. Helmut Kohl hat damals sehr offen mit mir im Kanzleramt drüber gesprochen. Ich verstehe das Dilemma, in dem er damals gewesen ist, und dass er am Schluss nicht anders entscheiden konnte.

Haben Sie ihm die Entscheidung verziehen?

Ja, er kam dann noch mehrfach freundschaftlich auf mich zu, sodass wir bis zuletzt kein unfreundschaftliches Verhältnis hatten. Die enge Herzlichkeit aus der Zeit davor ist aber nicht in der gleichen Weise zurückgekehrt.

In den Augen der Anderen

„Es ist schade, dass Heinz Riesenhuber den Bundestag verlässt, da er es auf unnachahmlich Art und Weise und mit hohem rhetorischem Talent geschafft hat, die Deutsche Parlamentarische Gesellschaft in seiner Eigenschaft als ihr Präsident nach außen und nach innen zu führen und zu vertreten.“

Johannes Kahrs MdB
Haushaltspolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion