Frau Bulmahn, welches war denn Ihr größter Misserfolg?
Ich hätte 1999 gern ein Ausbildungsgeld für alle Jugendlichen in Ausbildung realisiert, zusätzlich zum Bafög. Das ist leider an Widerständen in der Fraktion und Gerhard Schröder gescheitert.
Was ist aus den Plänen geworden?
Auch da habe ich mich nicht unterkriegen lassen und habe mit meinen Mitarbeitern im Ministerium über Nacht eine Kabinettsvorlage vorbereitet, die eine Verdoppelung des Bafögs und eine Verschuldungsdeckelung vorsah. Die habe ich dann noch in der gleichen Woche im Kabinett durchbekommen. Der ursprüngliche Vorschlag gefällt mir aber noch immer. Aber so habe ich zumindest das Bafög wieder zu einer echten Ausbildungsförderung gemacht, was vorher nicht mehr der Fall war. Wahrscheinlich hatte Gerhard Schröder ein schlechtes Gewissen.
Das kann man sich bei Gerhard Schröder irgendwie nicht so ganz vorstellen.
Doch, manchmal kam das schon vor.
Haben Sie beide eigentlich noch Kontakt?
Wir haben wenig Kontakt, sehen uns ab und zu, wenn wir auf der gleichen Veranstaltung sind, aber nicht mehr.
Fällt Ihnen der Abschied schwer?
Nein, ich habe mich ja selbst entschieden. Ich freue mich darauf, mich nicht mehr unter Zeitdruck mit einer Vielfalt von Themen beschäftigen zu müssen. Einfach mal ein freies Wochenende zu haben, das werde ich ganz sicher genießen. Und ich freue mich darauf, mehr Zeit für meine Familie, meine Freundschaften zu haben, das ist in den letzten dreißig Jahren zu kurz gekommen, da habe ich – selbstkritisch gesagt – einiges vernachlässigt.
Eine Umstellung für Sie, aber sicher auch für Ihren Mann?
Ich hoffe, dass ich meinen Mann nicht überfordere. Aber eben deshalb werde ich mich weiter engagieren, sonst würde ich mich zugegebenermaßen langweilen.
Welches Buch werden Sie denn im September als erstes Lesen?
Unser Jahrhundert – Ein Gespräch zwischen Helmut Schmidt und Fritz Stern
In den Augen der Anderen
„Es ist schade, dass Edelgard Bulmahn den Bundestag verlässt, da sie eine unglaublich große thematische Vielfalt und inhaltliche Tiefe besitzt. Das wird bei der SPD eine große Lücke reißen, genau wie im Unterausschuss Zivile Krisenprävention. Mehr noch als bisher wird es beim Präsidenten und seinen Stellvertretern auf Sachlichkeit und Überparteilichkeit ankommen. Auch diesbezüglich hat Edelgard Bulmahn Maßstäbe gesetzt. Insofern ist ihr Ausscheiden auch in dieser Hinsicht sehr bedauerlich.“
Thorsten Frei MdBCDU/CSU-Bundestagsfraktion