Frau Schröder, stellen Sie sich vor, sie dürften mit zwei aktuellen oder historischen Politikern eine Stunde in einem Cafe verbringen. Wen wählen Sie?
Einer von beiden ist definitiv Peter Hinze, der leider vor einem knappen Jahr viel zu früh verstarb. Es gibt kaum einen Politiker, der in den letzten Jahrzehnten so sehr die Strippen im Hintergrund gezogen und auch die Bundespolitik geprägt hat wie er. Und mit dem ich auch in den letzten Jahren eng zusammenarbeiten durfte. Er war ein unglaublich warmherziger und emphatischer Mensch. Daher ist er ganz klar mein Favorit.
Welches war Ihr schönster Moment in der politischen Laufbahn?
Einer der bewegendsten war sicherlich der, als wir den Sternenkinderparagraph umgesetzt hatten. Für Sternenkinder – so nennt man Kinder die tot geboren werden – hatten wir in Deutschland zuvor zwei Regelungen: die über 500 Gramm galten als Totgeburten, die unter 500 Gramm als Fehlgeburten.
Damals wurde von vielen betroffenen Eltern der Wunsch an mich herangetragen, dass sie ihr Kind, auch dann, wenn es unter 500 Gramm wog standesamtlich eintragen können und sie den Kindern einen Namen geben können. Überlegen Sie mal, da reden wir schon über die 22/23 Schwangerschaftswoche, also eine fortgeschrittene Schwangerschaft.
Das Ganze sollte nicht als Pflicht kommen, sondern als Möglichkeit, um im Stammbaum dokumentieren zu können: das war mein Kind, das im Mutterleib gestorben ist. Diese Möglichkeit, diesen Sternenkinderparagraph, habe ich gemeinsam mit dem Bundesinnenministerium durchgesetzt. Ich habe daraufhin wahnsinnig positive Resonanz bekommen. Die Eltern haben mir teilweise Bilder von ihren toten Kindern geschickt, das hat mich extrem bewegt.
Was hätten Sie im Bundestag noch gerne umgesetzt?
Ich wäre gerne nochmal an das Embryonenschutzgesetz rangegangen. Zusammen mit Peter Hinze habe ich viele Initiativen im Bereich der Bioethik initiiert. Wir waren immer auf einem liberalen Dampfer unterwegs. Unser Embryonenschutzgesetz ist veraltet und die Möglichkeiten der Kinderwunschbehandlung sind in Deutschland stark restringiert. Dies führt beispielsweise dazu, dass wir sehr viele Zwillingsschwangerschaften haben, die wir eigentlich nicht haben müssten. Das ist ein großes Thema, um das ich mich auch als Bundesministerin gekümmert habe. Damals habe ich die finanzielle Situation für Kinderwunschpaare verbessert. Ein Feld, in dem man fraktionsübergreifend nochmal etwas voranbringen könnte.
In den Augen der Anderen
„Es ist schade, dass Kristina Schröder den Bundestag verlässt, da wir noch nicht alle Ziele unserer gemeinsamen Initiative erreicht haben. Ihre Beharrlichkeit und ihr Engagement werden fehlen!“
Dr. Franziska Brantner MdB
Bundestagsfraktion Bündnis 90 / Die Grünen
Sprecherin für Kinder- und Familienpolitik